Stress in Zeiten der Coronavirus-Pandemie

Stress in Zeiten der Coronavirus-Pandemie

Samstag, 02.05.2020 Aktuelles, Multiple Sklerose

Immer wieder kann man lesen, dass Stress u.a. ein Faktor bei der Diagnose Multiple Sklerose ist, der mit einem vorübergehenden Verschlechterungszustand und damit u.a. auch mit einem Schub in Verbindung gebracht werden kann.

Nachdem ich nun seit Februar im ersten Jahr meiner Eskalationstherapie mit Mavenclad® (Wirkstoff: Cladribin) bin und dieses Immunsuppressiva als Mittel zur Schubreduktion bei hochaktiver MS gilt, habe ich gerade Zweifel. Aber von Anfang an.

Stressfrei aus der Reha

Als mich meine Liebsten Ende März aus der Rehabilitationsklinik, der Median Klinik NRZ Magdeburg, abgeholt haben, ging es mir gefühlt so gut wie seit Jahren nicht. Das NRZ hatte einen großen Teil daran, denn die Therapien in den Bereichen Krankengymnastik und Ergotherapie haben die Belastbarkeit meiner Beine aber auch meines linken Armes doch sehr gesteigert. So hatte sich bspw. das Zittern der Beine beim Gehen oder Radfahren im Verlauf der Rehabilitation immer mehr gelegt. Nur das Zittern der Beine beim Treppensteigen oder die Schwäche der Beine nach langem Sitzen sowie die Taubheitsgefühle der linken Hand waren nach wie vor unverändert vorhanden.

Doch was hat sich zum Aufenthalt im NRZ geändert und warum geht es mir gerade so, als hätte die Reha gar nicht stattgefunden? Nach der Reha sollte doch nicht vor der Reha sein, jedenfalls nicht was die Einschränkungen und Symptome hinsichtlich meiner Multiplen Sklerose angeht!

Nun, nach 6 Wochen täglich durchgeplanter Therapien zwischen 08:00 Uhr und 16:00 Uhr ist es in Zeiten der aktuell vorherrschenden Coronavirus-Pandemie für meine MS und damit für meinen Körper augenscheinlich schwer, wieder in den privaten und beruflichen Alltag zu finden. Man muss bedenken, die Situation daheim vor und nach der Reha hat sich komplett verändert.

Homeschooling

Wir sind daheim aufgrund der aktuellen Schulschließung mit dem Homeschooling eines 10 Jährigen beschäftigt, ein ziemlich anspruchsvoller und zeit-intensiver Part für uns, wir sind halt keine Pädagogen.

Zugleich ersetzen wir auch noch die besten Freunde aus der Klasse und dem näheren Umfeld, aufgrund des noch vorherrschenden Kontaktverbotes, beim täglichen Spielen und Toben im Haus oder im Garten. Ansonsten sorgen wir für die notwendige körperliche Bewegung eines sehr energiegeladenen und ausdauernden Kindes, was sonst im täglichen Schulalltag durch die Hortbetreuung des DRK abgedeckt wird.

Damit verbringen wir aktuell mindestens 6-8 Stunden täglich, man kann auch von Vollzeitbetreuung oder Tagesmutter/-vater in Zeiten einer staatlich vorgeschriebenen Vollschulzeitpflicht sprechen.

Und damit fängt es an schwierig zu werden, wie ich finde. Anfang der Woche beginnt das "Warten" auf die Wochenaufgaben aus der Schule! Meist irgendwann im Verlauf des Montagvormittags oder auch schon mal am Dienstag landen dann die Zettel mit den Aufgaben im privaten E-Mail-Postfach.

Ausdrucken und Sondierung der Aufgaben, Aufteilung zwischen meiner Lebensgefährtin und mir was die Aufgaben in den Fächern Deutsch, Sachkunde und Mathematik angeht. Durchgehen der Aufgaben, überlegen was man überhaupt von uns oder eher von dem kleinen Mann will. Abwägen, was an jedem Tag der Woche gemacht wird oder überhaupt geschafft werden kann. Start frei, los geht es mit der Bearbeitung der Aufgaben!

Und schon ist es wieder Mittag, der kleine Mann muss an die frische Luft, um der angestauten Energie freien Lauf zu lassen.

Homeoffice

Durch die Krankschreibung aufgrund der aktuellen Symptome und Befindlichkeiten wird mir in diesem Punkt der Druck ein wenig genommen. So kann ich mich an die Situation gewöhnen, langsam wieder sortieren und auf das Wesentliche konzentrieren, in der Hoffnung das sich die Symptome doch schneller wieder regulieren, sofern das bei meinem Verlauf der MS möglich ist.

In diesen Tagen habe ich zudem zwei MRT, erneut der Kopf und auch die Halswirbelsäule. Hier wird sich zeigen, ob alte bereits vorhandene oder neue Läsionen womöglich aktiv sind und es mir deshalb so geht wie es mir eben gerade geht. Zudem stellte mein Neurologe mir eine Dosis Kortison in Aussicht, als Versuch eventuelle Entzündungen zurückzudrängen. Hier habe ich zunächst abgelehnt und darauf verwiesen, dass für mich zunächst die MRT wichtig sind und sich dort herausstellen wird, ob die Gabe von Kortison bzgl. der aktuellen Symptome wirklich hilfreich sein kann.

Doch hier zu Hause sind ja eigentlich zwei Menschen, die Homeoffice zu realisieren haben. Nach der Beschreibung des Homeschooling kann ich es selbst kaum glauben, dass hier noch jemand Zeit für irgendetwas neben dem Homeschooling findet. Hinzu kommen eine schwache Internet-Leitung, Ablenkung durch den kleinen Mann, der natürlich immer wieder Aufmerksamkeit braucht und damit viel zu wenig Zeit jeweils 8 Stunden pro Tag neben der Vollzeitbetreuung zu realisieren. Das bereitet zumindest mir scheinbar eine Menge Stress, der sich aufgrund der Symptome auf meine körperliche Verfassung auswirkt.

Home-Everything

Dann ist da ja noch, wie schon angesprochen, das aktuelle Kontaktverbot zu anderen Personen. Wo wir doch einen großen Freundeskreis und eigentlich regen Kontakt zu eben diesen Freunden hegen und pflegen so gut es eben geht. Es fehlen einfach die sozialen Kontakte, für mich war das immer ein großer Faktor der Freude und Entspannung, weg vom Alltag und meiner MS.

Auch meine physio- und ergotherapeutischen Termine habe ich zunächst mal auf Eis gelegt, wurden diese durch die Einschränkungen hinsichtlich der Coronavirus-Pandemie doch zunächst einmal nicht zugelassen. Auch habe ich für mich, da ich mit der Immuntherapie ja irgendwie auch der Risikogruppe angehöre, entschieden, meine Kontakte so gering wie möglich zu halten und auf ein Minimum herunterzufahren.

Aktuell fehlt mir jedoch eine ganze Menge an Aktivitäten, die sonst einfach zum Leben dazu gehörten, das Leben ausmachten. Vor Allem der Kontakt und die Treffen mit Freunden und mit der Familie, das Grillen bei uns im Garten, die Physio- und Ergotherapien, der geplante Reha-Sport bzw. die Reha-Nachsorge mit dem T-Rena Programm, um weiter unter therapeutischer Beobachtung an Geräten zu trainieren.

Das Alles zu bewältigen schlägt sich wie mir scheint, sehr auf meine MS nieder. Die Beine begannen wieder mehr zu zittern, auch beim ganz normalen Gehen oder Stehen. Ich bin teilweise sehr kraftlos und kann mich an manchen Tagen nicht sehr lange auf eine Sache konzentrieren. Gefühlt hat die Reha gar nicht stattgefunden und die Symptome haben sich wieder manifestiert.


To be continued!